Myoglobinurie (Windhundsperre)

Greyhoundsperre/Windhundsperre

Die paralytische Myoglobinurie beim Greyhound

Die paralytische Myoglobinurie ist eine seltene Krankheit des Greyhounds, wurde jedoch ebenfalls vereinzelt beim Galgo Espanol beobachtet.

Jeder Greyhound- und Galgohalter sollte diese Krankheit kennen, da sie bei einer zu spät erfolgten Diagnosestellung für den Hund durchaus sehr gefährlich werden kann.

Geschichte:

Für die paralytische Myoglobinurie gibt es einige synonyme Bezeichnungen, die eventuell dem einen oder anderen Leser bekannter vorkommen mögen, u. a. sind dies Namen wie "Kreuzverschlag", "Lumbago", "Nierenverschlag" oder gar "Monday Disease". Viele dieser Bezeichnungen führen auf die sich in der Pathogenese entsprechende Krankheit des Pferdes hin, bei dem diese zuerst beobachtet und ausführlich untersucht wurde. Die Krankheit trat in früheren Zeiten vor allem bei Arbeitspferden auf, die sich am Wochenende bei kraftstoffreicher Fütterung ausruhen durften, um dann am Montag, also zu Wochenbeginn, erneut mit der schweren Arbeit zu beginnen.

Auslöser:

Auch beim Greyhound kann es zu dieser Krankheit kommen, wenn dieser untrainiert ins Rennen geschickt wird. Meistens ist aber eine solche Anstrengung gar nicht nötig, um diese Krankheit auszulösen. Es genügt oft, dass der Greyhound oder Galgo beim Spazierengehen einen Hasen oder ein Reh jagt.

Obwohl Hunde anderer Rassen auch gelegentlich Hasen auf offenem Feld jagen, findet man in der Fachliteratur keinerlei Aufzeichnungen über das Vorkommen dieser Krankheit bei anderen Hunderassen, daher muss man annehmen, dass der Greyhound für diese Krankheit prädisponiert ist. Wie beim Pferd spielt also die genetische Komponente eine große Rolle bei dieser Krankheit. Es ist anzunehmen, dass die Krankheit beim Galgo Espanol durch gelegentliche Einkreuzungen von Greyhounds ebenfalls vereinzelt auftreten kann.

Stoffwechselvorgänge:

Um die Pathogenese dieser Krankheit etwas besser zu verstehen, ist es erforderlich, einige Abläufe im Organismus näher zu betrachten.

Das Myoglobin ist der rote Farbstoff der Muskulatur. Es ist ein Sauerstoff speicherndes Protein. Bei der Myoglobinurie wird dieser Farbstoff über den Urin ausgeschieden. Man erkennt diesen Vorgang an braun-rotem Harn.

Die Vorgänge im Körper, die zu der Myoglobinurie führen, will ich am Beispiel eines Greyhounds darstellen. Unser Beispiel-Greyhound ist gerade mit seinem Besitzer zu einem Spaziergang aufgebrochen. Da er erst wenige Meter gelaufen ist, sind seine Muskeln folglich noch kalt. Nun sieht der Hund einen Hasen über die Wiese laufen, der Jagdinstinkt packt ihn, er hetzt los. In seinem Körper werden jetzt in den wenigen folgenden Sekunden der Hatz verschiedene Stoffwechselprozesse in Gang gesetzt, da er für diese besondere Anstrengung Energie benötigt.

Zunächst wird Kreatinphosphat gespalten, um praktisch blitzartig ausreichend Energie für die ersten 10 Sekunden der Hatz bereitzustellen. Der Kreatinphosphatspeicher im Körper ist jedoch gering und so setzt unmittelbar danach der anaerobe-glykolytische Abbauweg ein, um Energie zu liefern. Die anaerobe Glykolyse ist der Stoffwechselprozess, bei welchem unter Sauerstoffausschluss Energie gewonnen wird. Diese Art der Energiegewinnung ist nötig, da zu Beginn des Rennens ein Sauerstoffdefizit im Körper herrscht. Hat die Atmung sich dann nach kurzer Zeit den neuen Sauerstoffbedürfnissen angepasst, so wird die anaerobe Glykolyse von der aeroben Glykolyse abgelöst oder zumindest unterstützt. Bei der aeroben Glykolyse wird Energie unter Sauerstoffbeteiligung gewonnen und es entstehen keine schädlichen Abfallprodukte wie bei der Energiegewinnung ohne Sauerstoffbeteiligung.

Da der Hund aus unserem Beispiel sich jedoch zuvor nicht warmlaufen konnte und nun seinen Körper zu Höchstleistung zwingt, reicht die aerobe Glykolyse zur Energiegewinnung nicht aus. Das hat zur Folge, dass der anaerobe-glykolytische Abbauweg fortwährend steigt. Hierbei sammelt sich jedoch Laktat im Muskel an, was zu einer starken Übersäuerung des Muskels führt (der Muskelkater beim Menschen entsteht z. B. auch durch diese Übersäuerung, allerdings ist diese dann geringer). Weiterhin kommt es zu einer lokalen Hypoxie, d. h., die betroffenen Muskeln werden unzureichend mit Sauerstoff beliefert, da es an genügender Durchblutung fehlt. Infolge dieser Prozesse im Körper des Greyhounds kommt es also zu einer großen Schädigung bestimmter Muskelpartien, wobei Myoglobin ins Blut austritt und dann über die Nieren ausgeschieden wird.

Symptome:

Erkrankte Hunde zeigen oft erst am nächsten Tag Anzeichen dieser Krankheit. Die betroffenen Tiere haben Lähmungserscheinungen, Zittern, oftmals roten Harn, ihre Temperatur kann sogar auf über 41° C ansteigen und zum Teil lassen sich Blutergüsse an den Schenkelinnenflächen erkennen. Bei der Palpation betroffener Muskelbereiche kommt es zu Schmerzäußerungen, auch sind ganz bestimmte Serumenzyme um ihr Vielfaches erhöht, da der Körper sich selbst zu regenerieren versucht. Hierbei handelt es sich vor allem um CK, AST (GOT) und LDH. Der Magnesiumgehalt im Serum ist ebenfalls erhöht. Des Weiteren weist das Blutbild zumeist eine Erhöhung der folgenden Parameter auf: Hämoglobin, Hämatokrit, Erythrozyten, Leukozyten, MCV und MCH.

Therapie:

Ein erkranktes Tier muss unverzüglich stationär aufgenommen und behandelt werden. Der Tierarzt wird zunächst eine Blutneutralisation durchführen, um der Azidose entgegenzuwirken. Eine Azidose ist ein pH-Abfall unter den Normalwert des Blutes von 7,42, was bei der Anhäufung des sauren Laktats als logische Konsequenz erscheint.

Weiterhin wird das Tier ruhiggestellt und erhält schmerzstillende Mittel. Eine Kurzwellentherapie bietet sich auch an, da so das degenerierte Gewebe besser durchblutet wird und somit auch wieder schneller aufgebaut werden kann. Die Verabreichung von Vitamin B1 ist auch empfehlenswert, da es dem Körper hilft, sich sozusagen selbst zu helfen. Da Vitamin B1 wasserlöslich ist und man es daher nicht überdosieren kann, kann es auch vorbeugend dem Hund verabreicht werden. Es ist z. B. in Hefe enthalten.

Zum Schluss sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die paralytische Myoglobinurie sowohl beim Greyhound als auch beim Galgo Espanol auftreten kann. Da es sich bei dieser Krankheit um eine Rassendisposition handelt, steht außer Frage, dass ein betroffenes Tier von der Zucht auszuschließen ist.

Kalina Albrecht


Druckbare Version