Kryptorchismus

Kryptorchismus beim Hund

Der Fachausdruck "Kryptorchismus" beschreibt das Fehlen eines oder beider Hoden im Hodensack (lat. Skrotum). Irgendwo auf dem Weg zwischen den Nieren bis in den Hodensack wurde der Hoden-Abstieg (lat. Descensus testis) gestört. Kryptorchismus ist wichtig aus züchterischer, aber auch aus gesundheitlicher Sicht. Nicht zu letzt gibt es viele Hundehalter, die die Hoden als ein wichtiges Zeichen der Männlichkeit beim Hund betrachten.

Der Kryptorchismus hat sowohl züchterische als auch gesundheitliche Konsequenzen für einen Rüden. Es wurde zweifelsfrei nachgewiesen, dass Kryptorchismus eine angeborene, erbliche Erkrankung ist. Der Erbgang wird als autosomal rezessiv und polygen beschrieben. Dies bedeutet, dass die dafür verantwortlichen Gene außerhalb der Geschlechtschromosomen X/Y liegen (autosomal), diese reinerbig vorhanden sein müssen (es darf kein dominantes Gen am gleichen Genort vorhanden sein) und dass mehrere Gene (polygen) verantwortlich sind für die Vererbung.
Ebenso wurde nachgewiesen, dass Kryptorchismus häufig mit anderen angeborenen Defekten wie Kniescheibenluxation, Hüftgelenksdysplasie und Nabelbrüchen einhergehen können. Diese Tatsachen haben große Bedeutung für die Zuchtgestaltung und den Einsatz einzelner betroffener Zuchtrüden. Für den kryptorchiden Rüden kommen aber noch weitere Konsequenzen dazu. Erstens sind Hoden, welche in der Bauchhöhle zurückbleiben, einer höheren Temperatur ausgesetzt. Dies führt dazu, dass die Bildung der Spermien (Samenzellen) unterdrückt wird. Beidseitig intraabdominale kryptorchide Tiere sind fast ausnahmslos nicht fruchtbar (infertil). Einseitig intraabdominale kryptorchide Hunde sind in der Fruchtbarkeit meistens nicht eingeschränkt, können allerdings diese Erkrankung an alle Nachkommen weitergeben. Bei inguinalen Kryptorchiden ist die äußere Temperatur der Hodensacktemperatur ähnlich und deshalb ohne Folgen für die Fruchtbarkeit.
Die zweite mögliche Komplikation eines intraabdominalen Kryptorchismus ist die Entwicklung eines Hodentumors. Auch hier spielt die höhere Umgebungstemperatur eine entscheidende Rolle. Es können sowohl gutartige wie auch bösartige Tumore (Krebs) entstehen. Einige Tumore produzieren zudem Hormone, was wiederum schwerwiegende Folgen für ein Tier haben kann. Die Entartung des zurückgebliebenen Hodens ist nicht vorhersehbar und wird oft erst sehr spät bemerkt. Häufig werden diese Patienten erst durch den Befund einer großen Masse in der Bauchhöhle auffällig. Natürlich können Hoden auch innerhalb des Hodensacks entarten.
Seltener kann es zur plötzlichen Drehung des zurückgebliebenen Hodens (sogenannte Torsion) mit starken Bauchschmerzen kommen. Dies ist eine seltene, aber lebensbedrohliche Situation. Derartige Probleme können auch beim normalen Hoden auftreten.

Dieser Artikel ist erschienen im Hundemagazin 5/2006.

Autor:
Dr. med. vet. Kamil Tomsa
Diplomate European College of Veterinary Internal Medicine
Kleintierklinik Rigiplatz
Hünenbergerstrasse 4/6
6330 Cham

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